Der Mechanismus der Oktaven-Zirkularität im
auditorischen Gehirn
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Vor 2004 war unbekannt, ob das menschliche Gehirn eine
feste Anlage zur Wahrnehmung von Oktaven-Zirkularität hat. In allen
fortgeschrittenen Musikkulturen werden die Namen für Töne in
Tonleitern wiederholt, sobald das Oktav-Intervall (Frequenzverhältnis
1:2) erreicht ist. So werden im europäischen Musiksystem die oktavabständigen
Töne von 110, 220, und 440 Hz allesamt A genannt. Nur in technischen
Beschreibungen wird auch die jeweilige Oktave gekennzeichnet, wie hier
durch A, a, und a1. Die universelle Praxis der Tonnamen-Zirkularität
gilt als Zeichen für eine ebenso universelle Zirkularität in
der Tonwahrnehmung. Oktaven-Zirkularität in der Tonwahrnehmung wurde
auch bei Affen festgestellt.
Es war bereits früher von Katzen und Kaninchen bekannt, daß die ventrale Abteilung des Nucleus geniculatis medialis (MGN) im Thalamus der einzige Bereich in der Hörbahn von Säugern ist, der eine Oktaven-Architektur hat. Hier bilden gestapelte Neuronenschichten eine Frequenz-Kartierung mit Sprüngen von einer Oktave quer zu den Schichten und mit einer Feinverteilung entlang der Schichten. Das Netzwerk der Nervenfasern zwischen den Neuronenschichten ist so ausgelegt, daß wahrscheinlich diejenigen Signale integriert werden, die von oktavabständigen Tönen ausgelöst werden, wie z.B. von A, a, und a1. Sie könnten dann in ein zusätzliches Signal für ein General-A transkodiert werden. Dies würde erklären, warum alle A genannten Töne, gleich welcher Oktave, eine gemeinsame Tonqualität haben, ein sogenanntes Chroma. Deshalb kann der auditorische Thalamus angesehen werden als die anatomische Grundlage unserer internen Chroma-Karte. For a short summary of the main findings: The Octave - History of a Discovery Evolutionärer Vorteil: Komplexe harmonische Laute, wie Rufe von Tieren, Vokale, oder Geigentöne, sind oft oktaven-unklar. Wenn einer der Teiltöne 1, 3, oder 5 eine niedrige Amplitude im Klangspektrum hat, können die Teiltöne 2, 4, 6 und 8 vom Tonhöhen-Detektor als die Teiltöne 1, 2, 3 und 4 eines unterschiedlichen Lautes erfaßt werden, der eine Oktave höher ist. Aus diesem Grund unterlaufen selbst geübten Musikern Oktav-Verwechslungen. Anscheinend waren Oktav-Verwechslungen während der Evolution des Gehörs ohne Bedeutung. Dahingegen gewannen Tiere an Tonhöhen-Stabilität innerhalb eines Ein-Oktav-Rahmens durch Überlagerung aller zuvor im auditorischen Mittelhirn herausgefilterten Tönhöhen-Kandidaten. Dies geschieht dann in einer zweiten Stufe der Tönhöhenverarbeitung im auditorischen Thalamus. Daten zur Tonverschiebung durch das Medikament Carbamazepin und zur
Statistik von Innenohr-Tönen (SOAEs) lieferten
nun erste physiologische Beweise für eine feste Oktaven-Anlage
im menschlichen Gehirn. Publications: Braun, M., Chaloupka, V. (2005) Carbamazepine induced pitch shift and octave space representation. Hear. Res. 210, 85-92. Abstract, ask for PDF Braun, M. (2006) A retrospective study of the spectral probability of spontaneous otoacoustic emissions: Rise of octave shifted second mode after infancy. Hear. Res. 215, 39-46. Abstract, ask for PDF (Main result replicated three years later and again eight years later) Back to: First Page German, NOM Home Page |