Frequenzspezifische Dämpfung im Innenohr
Vor 1992 war unbekannt, daß eine der Hauptaufgaben des Innenohres bei Säugetieren darin besteht, selektiv die lauten Frequenzanteile im Schall zu dämpfen. Ohne diese Funktion wären wir nicht in der Lage, normaler Sprache zu folgen, und Musik wäre eher eine Folter als ein Vergnügen.

Daß unsere Innenohren frequenzspezifische Verstärker von leisem Schall sind, wurde zuerst 1948 von Thomas Gold vorgeschlagen und in den achtziger Jahren schließlich bewiesen. Nun wissen wir zusätzlich, daß es eine Ergänzung gibt zur Verstärkung von leisem Schall: Dämpfung von lautem Schall.

Die Grenze zwischen Verstärkung und Dämpfung liegt bei etwa 60 dB SPL, was der mittleren Lautstärke in normaler Sprache entspricht. Das bedeutet, daß die leisen Anteile normaler Sprache bereits im Innenohr verstärkt werden und daß deren laute Anteile bereits hier gedämpft werden.

Der Mechanismus der frequenzspezifischen Dämpfung besteht aus einer flexiblen Membran, die den gesamten Schneckengang des Innenohres durchzieht und bei Lautstärken über 60 dB in Schwingung gerät. Die Schwingungen absorbieren Schallenergie hoher Lautstärken und leiten sie ab als Wärmeenergie, die dann nicht mehr die Aufnahme schwacher Schallanteile verzerrt oder verdeckt, oder sogar als Stressfaktor für die empfindlichen Sensorzellen wirkt.

Aufgrund der besonderen Anatomie dieser sogenannten Basilarmembran hat jede Schallfrequenz einen bestimmten Ort maximaler Schwingung. Dies ermöglicht es dem Innenohr, einige Frequenzen zu verstärken und gleichzeitig, jedoch an verschiedenen Stellen, andere Frequenzen zu dämpfen.

Ein Beispiel: Ein komplexer Schall hat 70 dB bei 300 Hz, 50 dB bei 500 Hz, und 80 dB bei 800 Hz. Die schwache zweite Komponente wird verstärkt, während die beiden anderen Kom-ponenten gedämpft werden. Ohne diese Dämpfung würden wir die zweite Komponente deutlich schlechter oder garnicht hören.

Formalization of current evidence in four figures

Publications:

Braun, M. (1993) Basilar membrane tuning re-examined: frequency selective damping of high level input may be its genuine function. In: H. Duifhuis, J.W. Horst, P. van Dijk, and S.M. van Netten (Eds.), Biophysics of Hair Cell Sensory Systems, World Scientific, Singapore, p. 406.

Braun, M. (1994) Tuned hair cells for hearing, but tuned basilar membrane for overload protection: evidence from dolphins, bats, and desert rodents. Hear. Res. 78, 98-114. Abstract

Braun, M. (1996) Impediment of basilar membrane motion reduces overload protection but not threshold sensitivity: evidence from clinical and experimental hydrops. Hear. Res. 97, 1-10. Abstract

Definite proof:

Nilsen, K.E. and Russell, I.J. (2000) The spatial and temporal representation of a tone on the guinea pig basilar membrane. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 97, 11751-11758. Discussion, figure belonging to discussion is found here.

Kössl, M. and Vater, M. (2000) Consequences of Outer Hair Cell Damage for Otoacoustic Emissions and Audio-vocal Feedback in the Mustached Bat. J. Assoc. Res. Otolaryngol. 1, 300-314. Discussion

Olson, E.S. (2001) Intracochlear pressure measurements related to cochlear tuning. J. Acoust. Soc. Am. 110, 349-367. Discussion Part 1, Discussion Part 2

Historical evidence: Wever and Lawrence (1950)

Recent additional evidence:

Wada, H., Takeda, A., and Kawase, T. (2002) Timing of neural excitation in relation to basilar membrane motion in the basal region of the guinea pig cochlea during the presentation of low-frequency acoustic stimulation. Hear. Res. 165, 165-176. Abstract, Comment, and Discussion

Interesting links: Rémy Pujol

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