Das amtliche Dokument im Wortlaut:
Hörnum, den 9.7.1950
Verklarung
Es erscheint der Schiffer Wilhem Lass, geb. 5.4.06 in Büsum, Inhaber
der Patente A1, B1 und C1, Führer des Kutters "Hör 9",
und gibt über seine Beobachtungen bezüglich des Schiffes "Ormen
Friske" folgendes zu Protokoll:
Ich befand mich am 21.6.50 zusammen mit einer Reihe anderer Hörnumer
Kutter auf Hummerfang nördlich Helgoland. Wegen auffrischenden
Windes mussten wir gegen 21 Uhr abends ausscheiden und gingen östlich
der Nordspitze von Helgoland zu Anker. Am 22.6.50 im Laufe des Vormittags
wuchs der Wind zum Sturm an. Wir hatten an unserem Ankerplatz keinen
Schutz mehr und waren gezwungen, in der ehemaligen Ubootshafen einzulaufen,
zusammen mit ungefähr 25 anderen Kuttern. Um 12.30 Uhr wurde mit
Bombenabwürfen begonnen; die ersten Bomben fielen etwa westlich
der Südspitze der Düne ins Wasser. Die Besatzungen aller übrigen
Schiffe flüchteten darauf in einen ehemaligen Notbunker, der am
Strand des Unterlandes steht. Mein Steuermann und ich flüchteten
nicht mit, weil wir unser Schiff im Auge behalten wollten; wir begaben
uns auf die östliche innere Mole des Ubootshafens. Etwa um 13.00
Uhr sichteten wir das Wikingerschiff etwa in südöstlicher
Richtung auf ungefähr 1200 Meter Abstand. Es war unter Segel, lag
quer zu See and stand fast genau in der Richtlinie, die auf die Binnenreede
Süd führt, eben westlich der Klippe Danskermanns Hörn.
Da der Wind mit etwa Stärke 11 wehte, konnten wir mit unserem kleinen
Fahrzeug keine Hilfe leisten. Weil jetzt weitere Bomben ganz in unsere
Nähe fielen, waren wir gezwungen, ebenfalls in den Bunker zu gehen.
Gegen 14 Uhr verliess ich allein den Bunker wieder und ging wieder an
Bord. Von dem Schiff konnte ich nichts mehr sehen, obwohl ich eigens
Ausschau hielt.
Nach meiner Meinung hat das Schiff auf die Südreede von Helgoland
einlaufen und dort Schutz suchen wollen. Da die Besatzung offenbar im
letzten Augenblick die Bombenabwürfe bemerkt hat, hat sie wahrscheinlich
abgedreht, um östlich der Düne Schutz zu finden; denn das
Schiff lag, als wir es zuerst sichteten, quer zu See. Hierbei ist es
nach meiner Meinung in der schweren Brandung auf der dicht neben der
Einfahrtslinie liegenden Klippe Danskermans Hörn zerschlagen. Das
Schiff hätte nach meiner seemännischen Meinung sicherlich
die schützende Reede erreicht, wenn nicht gerade zu dieser Zeit
Bombenabwürfe stattgefunden hätten; auf jeden Fall wären
sie gerettet worden, wenn sich auf Helgoland eine Rettungsstation befunden
hätte.
Ausser meinem Steuermann hat niemand das Schiff beobachtet, da sich
alle übrigen Kutterbesatzungen im Notbunker befanden. Auch die
Schiffbrüchigen von einer Bremer Yacht, die im Dünenhafen
zerschlagen war, haben das schwedische Schiff nicht gesehen, weil sie
ebenfalls vor den Bombenabwürfen Schutz gesucht hatten.
gez. Wilhelm Lass
Für richtige Abschrift
gez. Lenz Regieringsbauinspektor
V.g.u.
gez. C. Kühl Hafenmeister
(Archiv des schwedischen Außenministeriums in Stockholm, R19D/574)